Masterplan zur Stärkung der vorbildlichen dualen Berufsausbildung dringend notwendig
Konjunkturlokomotive im Handwerk auch 2018 weiter unter Dampf

„Der handwerkliche Konjunkturmotor läuft schon zum Jahresauftakt wie geschmiert!“ betont Mike Schneider, Präsident des Niedersächsischen Handwerkstages (NHT), anlässlich der traditionellen Aschermittwochspressekonferenz des Handwerks 2018 in Hannover. 95 Prozent der in einer Blitzumfrage befragten Handwerksbetriebe bewerten aktuell ihre Geschäftslage mit „gut“ oder „befriedigend“. 

Für das Jahr 2018 rechnen die Konjunkturexperten der Handwerkskammern mit einem Umsatzzuwachs in Höhe von plus 2,5 Prozent auf 55 Mrd. €. Die Nachfrage nach handwerklichen Dienstleistungen floriert, nicht nur im Bausektor. Nur 5 Prozent der Betriebe im Handwerk sehen in der Nachfrage noch eine Herausforderung, bei den übrigen 95 Prozent sind die Auftragsbücher gut gefüllt. „Um die große Nachfrage nach qualifizierten handwerklichen Leistungen auch in Zukunft gewährleisten zu können, brauchen wir dringend einen Masterplan zur Stärkung der dualen Berufsausbildung. Das deutsche Erfolgsmodell, um das uns die Welt beneidet, gerät vor dem Hintergrund des Nachwuchsmangels verstärkt unter Druck.“ So lautet die Forderung des Spitzenvertreters des niedersächsischen Handwerks: „Mehr Wertschätzung für die berufliche Bildung!“ 

Die Blitzumfrage unter den niedersächsischen Handwerksunternehmen zeigt deutlich, wie sich die Situation in kürzester Zeit verschärft hat. Knapp 60 Prozent der befragten Betriebe meldeten, dass sie ihre angebotenen Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen konnten. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 40 Prozent. Gleichzeitig beobachten gut 80 Prozent der Betriebe einen Rückgang der Bewerberzahlen. „Angesichts hoher Studienabbrecherzahlen und einer stetig weiter steigenden Studierendenzahl zeigt sich ein erheblicher Handlungsbedarf. Eine deutlich höhere Anerkennung der beruflichen Bildung und Abkehr von einer einseitigen Ausrichtung auf die akademische Laufbahn sind nötig. Im Koalitionsvertrag der niedersächsischen Landesregierung wurde die Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung an verschiedenen Stellen betont“, lobt Schneider. „Diese muss gelebt werden!“ Der Masterplan muss u.a. vorsehen:

  1. Die Fortführung des „Bündnisses Duale Berufsausbildung“ als übergreifendes Netzwerk und Ideenschmiede
  2. Die Einführung einer umfassenden Berufsorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen, sowohl in der Sekundarstufe I als auch in der Sekundarstufe II
  3. Die feste Integration des Faches Berufsorientierung in die Lehrerausbildung
  4. Die landesseitig deutlich stärkere Bewerbung des Lehramtes an der Berufsschule – insbesondere in den MINT-Fächern 

Derzeit fehlen 1.000 Berufsschullehrerinnen und -lehrer, um eine Unterrichtsversorgung auf dem gymnasialen Niveau zu erreichen. Bei einer Unterrichtsversorgung von nur 88 Prozent an den niedersächsischen Berufsschulen ist das Land hier besonders stark gefordert.  

In diesem Kontext wird der Ansatz der neuen Landesregierung begrüßt, den Quereinstieg in das Berufs-schullehramt zu erleichtern. Dabei ist wichtig, den Zwang zu einem zweiten Hauptfach fallenzulassen, um schneller und einfacher in das Lehramt eintreten zu können. Zudem sollte an mehr Universitäten die Möglichkeit zum Quereinstieg geboten werden.

Aus Sicht des NHT-Präsidenten erstaunt es, dass bei einer Unterrichtsversorgung von 98,8% an den Gymnasien ein Aufschrei durch das Land geht, die Unterrichtsversorgung der Real- und Hauptschulen mit einem Versorgungsgrad von 95,9% und 96,3% aber wenig Interesse erzeugt. Dies gilt erst recht für die mangelhafte Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen mit nur 88 Prozent. Immerhin standen laut Statistik des Kultusministeriums den 220.756 Schülerinnen und Schülern an den Gymnasien, 119.441 Schülerinnen und Schüler an Real- und Hauptschülern und an den Berufsschulen 271.774 Schüler gegenüber. Im Sinne von Gleichwertigkeit und Chancengleichheit sollten keine Unterschiede in der Lehrerversorgung der verschiedenen Schulformen gemacht werden.

Den Spitzenplatz unter Herausforderungen für das Jahr 2018 – noch vor dem Fachkräftemangel – belegt auch in dieser Umfrage wieder die Bürokratie in den Unternehmen. Die Umfrage zeigt, wie sehr sich die Unternehmen drangsaliert fühlen und unter den bürokratischen Belastungen im Alltag leiden. Deshalb stößt die Zusage in der Koalitionsvereinbarung, überflüssige Bürokratie abzubauen, im Handwerk ebenfalls auf positive Resonanz. Der angekündigte Bürokratieabbau darf aber kein Lippenbekenntnis bleiben, betont Schneider. 

Hannover, 14.02.2018

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