Niedersächsisches Handwerk schätzt Europa
Konjunkturmarathon setzt sich 2019 fort

„Dem Handwerk geht noch nicht die Puste aus!“ kommentiert Mike Schneider, Präsident des Niedersächsischen Handwerkstages (NHT), anlässlich der traditionellen Aschermittwochspressekonferenz des Handwerks 2019 die Ergebnisse der Blitzumfrage in Hannover. 95 Prozent der 855 befragten Betriebe der Blitzumfrage bewerten aktuell ihre Geschäftslage mit „gut“ oder „befriedigend“. 

 

Die Erwartungen der Betriebe an die Entwicklung im 1. Halbjahr 2019 deuten insgesamt nicht auf Ermüdungserscheinungen hin. Fast 90 % der Betriebe gehen von einer stabilen oder sogar besseren Wirtschaftslage aus. Nicht einmal ein Prozent der Handwerker befürchtet für das eigene Unternehmen eine deutliche Verschlechterung der Wirtschaftslage. Die Konjunkturexpertinnen und -experten der Handwerkskammern in Niedersachsen teilen diese Einschätzung und rechnen für das Jahr 2019 insgesamt mit einem Umsatzplus von 3 % auf 58,7 Mrd. Euro - bei einer leichten Steigerung der Beschäftigtenzahlen um fast ein halbes Prozent auf knapp 537.000.

 

Vor allem der Ausgang des Brexits und der Wahlen zum 9. EU-Parlament werden die wirtschaftliche Entwicklung des Jahres 2019 maßgeblich beeinflussen. Die Handwerkerinnen und Handwerker in Niedersachsen sind sich der Bedeutung der Europawahlen bewusst – fast 70 % der Betriebe messen dem Ereignis Ende Mai eine mittlere bis große Bedeutung bei. Die große Mehrheit von fast 75 % verbinden mit „Europa“ etwas Positives, nämlich das Gefühl von Frieden und Freiheit. „Das niedersächsische Handwerk schätzt Europa!“, bestätigt Schneider.

 

„Gleichzeitig verbinden aber über 50 % an zweiter Stelle mit Europa: Bürokratie“, bedauert Schneider und fordert dazu auf, in Europa das Subsidiaritätsprinzip verstärkt zu leben. Dabei ist zu beachten, dass in der Öffentlichkeit und der Politik überbordende Bürokratie häufig der europäischen Ebene zugeordnet wird, obgleich Deutschland europäische Vorgaben nicht selten noch verschärft. An dieser Stelle müssen sich Bund und Länder stärker zurückhalten und sich auf eine 1:1 Umsetzung achten, wenn Sie der europäischen Idee nicht schaden wollen. Das beste Beispiel hierfür ist die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

 

Auf europäischer Ebene angedacht, um den deutschen Datenschutzstandard in allen europäischen Ländern einzuführen, drangsaliert sie statt multinationaler Datenkraken die vielen kleinen Handwerkbetriebe. Die Betriebe in Niedersachsen verleihen daher der DSGVO die Negativ-Auszeichnung des größten bürokratischen Ärgernisses des Jahres 2018. „Wenn die geplanten Clearingstelle „Bürokratie“ der Landesregierung ihre Aufgabe ernst nimmt, wird es nicht an Arbeit mangeln“, ist sich Schneider sicher und hofft auf Besserung in der Zukunft. Die Bürokratie steht bei den Betrieben auch in 2019 unangefochten als größte Herausforderung des 1. Halbjahres auf dem ersten Platz. 

 

Auf dem zweiten Platz zeigt sich auch in 2019 die Fachkräftegewinnung als deutliches Problem. „Jeder dritte Handwerksbetrieb in Niedersachsen ist in seinen Entwicklungsmöglichkeiten auf Grund mangelnder Bewerberinnen und Bewerber deutlich eingeschränkt. Bei den Betrieben über 50 Mitarbeiter ist sogar jeder zweite deutlich in seinen Entwicklungsmöglichkeiten begrenzt. Das schadet dem Wirtschaftsstandort Niedersachsen!“, mahnt Schneider an und appelliert an die Medien, verstärkt über die Anzahl spannender Ausbildungsberufe und toller Handwerkbetriebe zu berichten.  

 

Zu guter Letzt haben die Steuer- und Sozialabgaben im Ranking um die größte Herausforderung deutlich aufgeholt und belegen nur mit geringem Abstand den dritten Platz. 80 % der Betriebe halten die aktuelle Steuerpolitik für ungerecht. Vor allem die Steuertricks großer Konzerne werden von kleineren Betrieben sehr kritisch gesehen. An dieser Stelle besteht ein erheblicher politischer Handlungsbedarf.

 

Hannover, 06.03.2019

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